"Die Missstände unseres Verhaltens, in kleineren wie auch in größeren Zuammenhängen betrachtet, nicht zu deuten und nicht erfassen zu wollen, heißt für einen Psychologen, die Missstände des Einzelnen nicht ernst zu nehmen und ihn dort alleine zu lassen, worin der Einzelne nur noch tiefste Dunkelheit fühlt.
In der Quantentheorie gilt dies heutzutage als Binsenweisheit, was in Soziologie nicht erkannt werden will: Der Beobachter bestimmt allein durch seine Anwesenheit den Determinismus wie auch den Indeterminismus des Versuchs (seiner Umweltdeutung), weil er mit dem Experiment verschränkt ist.
Wie um Gottes Willen kann ein Psychologe nicht darüber sprechen, was um den Menschen herum geschieht, wenn doch dieses Umfeld mit seiner Psyche aufs intimste verschränkt ist? Weil ich dies weiß und es ernst nehme, sehen Sie hier viele Videos, die darauf aufmerksam machen, mit was unsere Psyche verschränkt ist und wie diese Verschränkung unsere Krankheitsbilder mitformen, ja letztlich sogar bestimmen!"
Wir leben alle in einer Kultur des Wettbewerbs, der Vorteilssicherung durch Kampfverhalten, um den besseren Platz, des Strebens nach Karriere, des Durchsetzens über eine Kampfhaltung usw. Wir sind vom Kampf um das Bessere beseelt und sind auch fest davon überzeugt, dass es ein Leben ohne Kampf gar nicht geben könne.
Das ist ein großer Irrtum - und er hat System!
Ein Beispiel: neulich war ich auf einer Partie und wir unterhielten uns über unsere Wegwerfkultur. Einer sagte, dass er gehört habe, dass wir die Hälfte aller Lebenmittel wegschmeissen, weil sie nicht mehr gut aussehen oder nahe dem Verfallsdatum seien. Ich sagte darauf, dass ich das auch schon mal gehört hätte und dass alle fünf Sekunden ein Kind an Hunger sterben würde und dass die Menschheit so viele Nahrungsmittel produzieren, dass zwölf Milliarden Menschen damit ernährt werden könnten...
Darauf erwiderte ein Mann tatsächlich, dass dies auch gut so sei, weil wenn die an die selbsen Töpfe herankämen wie wir, dann wäre das für uns nicht gut und wir hätten hier ein Chaos. - Ich war sprachlos und wurde es immer mehr.
Denn niemand der Anwesenden erhob seine Stimme für die sterbenden Kinder und alle redeten so weiter, als hätte der Mann das, was er sagte, gar nicht gesagt.
Ich wusste nicht was schlimmer war: das, was der Mann sagte oder das Ignorieren der anderen, über das, was er sagte.
Wir werden dazu erzogen, zu denken, alles sei Kampf und der Sieger habe recht und damit das Recht über den Sieg.
Viele von uns sind derart vom Kampfprinzip vernebelt, dass man sie nicht mehr erreichen kann. Denn viele Menschen haben nicht das Vermögen darüber, in Alternativen zu denken. Geschweige denn, Alternativen zu den eigenen Gewohnheiten wahrzunehmen.
Ich könnte hier nun hunderte von ähnlichen Beispielen runterleihern. Ich denke, Sie wissen selbst ein paar Beispiele aus Ihrem Leben anzuführen.
Die Nichtkampf-Therapie erneuert den Zugang zu den Alternativen, die in jedem Menschen schlummern. Sie sind aber derart hart mit dem Kampfprinzip überlagert, dass man es zur Gewohnheit und damit zur Gewissheit über die Welt interpretiert hat.
Viele Menschen wissen, dass sie deshalb leiden, weil sie zu sehr kämpfen oder Kämpfe produzieren oder ständig in die Kampfaufforderung des anderen hinein geraten.
Jemand, wie der Mann, den ich oben erwähnt habe, weiß gar nicht mehr, was Gefühle sind - was seine wahren Gefühle sind. Er hat seine Gefühle derart intensiv verhärtet, dass ihm der Zugang dazu abhanden gekommen ist.
Er würde mir nicht glauben, sagte ich ihm, dass er krank sei und zwar krank an sich selbst, an seinem Unvermögen, die Summe seiner Gefühle, die zur Menschlichkeit führen, nicht mehr fühlen zu können.
Da aber unsere Gesellschaft die Krankheit in sich selbst birgt und der Mann nur das Symptom dieser Krankheit Kampf ist und alle - mehr oder weniger darunter leiden (ohne es zur Kenntnis zu nehmen), bemerkt auch niemand, das a) die Gesellschaft die Krankheit in sich birgt und b) jeder Einzelne am Symptom Kampf leidet und (fast) zugrunde geht.
Alle Zivilisationskrankheiten beruhen auf einem übersteigerten Kampfprinzip: Ich gegen mich selbst! Auch dann, wenn viele gegen etwas anderes oder gegen jemand anderes kämpfen. Es ist am Ende immer nur ein Kampf gegen die eigene Person; gegen die Natürlichkeit in einem selbst, gegen die Lebendigkeit und das wahre Leben in einem selbst. Dies stülpt man über ein entsprechendes Kampfverhalten einem anderen über und bagatellisiert es dadurch, in dem man in der Mehrheit der Gesellschaft Legitimationen dazu gerechtfertigt bekommt, so zu handeln, wie man handelt: mit Nachdruck und Kampf.
Das Ergebnis davon ist immer, dass der Mensch sich von sich selbst entfremdet; Ich-Entfremdungs-Syndrom. Diese Entfremdung aber über den anderen rechtfertigt. Fragt man nun, warum er so handelt, so antwortet er, dass er vom anderen ja dazu gezwungen wurde, so zu handeln, da der andere nicht einsichtig sei. Schließlich habe man ja schon oft genug auf das Problem aufmerksam zu machen versucht - leider vergeblich!
Entgegnet man ihm darauf, dass er auch anders hätte handeln können, nämlich so, dass er das was er tat, gar nicht zu tun gezwungen war und er sich auch dazu hätte entscheiden können, nicht zum Nachteil des anderen zu wirken.
Darauf bekommt man dann als Antwort einen Blick entgegnet, der mehr aussagt als Worte: Ja bist Du begriffsstutzig oder was? Ich habe doch gerade gesagt... usw.
Den springenden Punkt bemerken solche Menschen überhaupt nicht: Warum hast Du das getan? Wer oder was in Dir zwang dich, so zu handeln, wie Du gehandelt hast?
Sie bemerken nicht, dass sie aus freien Willen heraus so gehandelt haben, wie sie letztendlich handelten: Zum Nachteil des anderen und zum Vorteil für sich selbst.
Man nennt solche Haltungen dazu Nullsummen-Spiele-Haltungen: Der eine bekommt alles, der andere nichts! Das ist das Kampf-Axiom, der Heiligenschein dafür, gerscht und im Sinne der Moral gehandelt zu haben; hat man abver nicht!
Diese Haltungen entstehen durch Kampfgewohnheiten. Sie erzeugen mit der Zeit eine gefühlsmäßige Abstumpfung, die sich wie ein Netz über deren Umwelten spannen. Entfremdung von sich selbst führt dann zur Entfremdung von der Partnerin, vom Kind, von den Freunden usw. Ist man hingegen Chef eines Unternehmens, so legitimiert sich ein solches Handeln am Leichtesten: Im Interesse der Firma blablabla. Oder auf den Punkt gebracht: Man begibt sich dann in Aufgabnen die so umfangreich und aufwendig werden, dass für das Wesentliche gar keine Zeit mehr bleibt. Geschickt wissen solche dann solches zu legitimieren.
Kampfkrankheiten überziehen die Menschheit weit mehr, als alle Krebs- und Herz-Kreislauf-Krankheiten zusammen genommen. Aber sie werden weitestgehend von der Gesellschaft ignoriert. Ihr sozialer- und wirtschaftlicher Schaden ist höher als die Ausgaben für alle sozialen Leistungen zusammen. Jugendgewalt ist nur eine in Absicht leuchtende Spitze der Pyramide, die durch Kampfhaltungen entstehen, weil sie vom Rest dieser Kampf-Gewalt-Spirale in der gesellschaft wunderbar wegweist.
Diesen Krankheiten widmet sich die Nichtkampf-Therapie.
Herzlichst,
Ihr Rüdiger Lenz